Thüringer Kreativradar 2012
Heute fand die Preisverleihung zum zweiten Thüringer Kreativradar statt. Wir hatten dieses Mal mitgemacht, aber nicht gewonnen. Trotzdem wollte ich mir die angekündigte Ausstellung nicht entgehen lassen.
Bahnhofstraße 4a in Erfurt, erstes Obergeschoss. Schaumstoffplatten-Deckenverkleidung, graublauer Spannteppich, schlechte Luft. Matthias Machnig, Thüringer Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie, redet vor ungefähr 70 Menschen, hauptsächlich Studierende, über die Bedeutung der Thüringer Kreativwirtschaft. Es werden Zitate von Bill Gates (1981: „Niemand wird jemals mehr als 640k RAM benötigen!“), Ken Olsen („Es gibt keinen Grund dafür, dass jemand einen Computer zu Hause haben wollte.“), Harry M. Warner („Wer zum Teufel, will denn Schauspieler sprechen hören?“), Avery Brundage („Wir sind 60 Jahre ohne Fernsehen ausgekommen und werden es weitere 60 Jahre tun.“), Darryl F. Zanuck („Der Fernseher wird sich auf dem Markt nicht durchsetzen. Die Menschen werden sehr bald müde sein, jeden Abend auf eine Sperrholzkiste zu starren.“) – allesamt zu finden auf diversen Web-Seiten wie dieser hier – zum Besten gegeben.
Nein, sie haben sich alle geirrt, es kam ganz anders. Die Thüringer Kreativwirtschaft mache 1,6 Milliarden Euro Umsatz im Jahr… Er suche nicht weniger als „den neuen Bill Gates und den neuen Steve Jobs in Thüringen“, sagt der Minister. Aha.
Danach ergänzt der Chef der Thüringer Agentur für die Kreativwirtschaft unter anderem, dass es in diesem Jahr „ungefähr 130 Einreichungen“, also 30 Prozent mehr* gab, als 2011. Schön.
Dann werden die elf, vorab informierten Preisträger einzeln nach vorn gerufen. Ein Jurymitglied (den Namen konnte ich leider nicht verstehen) ergänzt die spaßigen Minister-Kommentare zu Firmennamen wie „Dicke Katze“, „Comake Shoes“ oder „Igelhaus“ um das, was der Jury besonders gut gefallen hat. Die grafische Umsetzung der 30x30-Blätter wird auffällig oft erwähnt. Dagegen wird auf die Erfüllung der Kriterien der Aufgabenstellung nicht eingegangen. Und – leider wird keine einzige Einreichung gezeigt.
Nach 35 Minuten ist alles vorbei. Es gibt ein Gruppenfoto mit Minister, Sekt und Häppchen werden angekündigt, Hände geschüttelt. An zuvor leeren blauen Tafeln, „die Thüringen symbolisieren sollen“, hängen nun die Blätter der Preisträger.
Die Ausstellung aller Einreichungen, deretwegen ich zu dieser Veranstaltung gefahren bin – obwohl man ja eine Woche vor Weihnachten auch andere Dinge zu tun hat, kann ich nicht entdecken. Habe ich die übersehen? Wurde die erst später „rausgeholt“, oder gab es noch ein Zimmer, das ich nicht gesehen habe?
Leider konnte ich länger warten. Denn trotz zwischenzeitlich geöffnetem Fenster war die Luft irgendwie stickig.
* 2011: 99 Bewerbungen, 2012: 125 Bewerbungen
125/99 = 26% (Na ja, man hätte auch „gut ein Viertel mehr“ sagen können…)
p.s. Nur vier der elf Preisträger hatten ürbigens mit den einleitenden Zitaten zu Technik zu tun. Sonst ging es um Bambus, Illustration, Schuhe, Illustration, Musik, Porzellan – ganz der Vielfalt der Kreativwirtschaft entsprechend…
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Christine am 18.12.2012, 17:04:
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