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Beiträge aus dem Was-mit-Medien-Alltag

Wie geht agiles Entwerfen?

Es ist in letzter Zeit viel die Rede von agilem Arbeiten, interaktivem Entwerfen, iterativen Prozessen – doch wie muss man sich das vorstellen? Wir zeigen an einem aktuellen Projektbeispiel die Entwicklung einer Zeitstrahl-Grafik von der Vorlage bis zur fertigen Drucksache.

Wir betrachten eine der Grafiken in der Broschüre „Studieren in Thüringen“ im Rahmen der Kampagne „Entdecke Dein Studium“ des Netzwerks Hochschulmarketing. Wie bei dieser einzelnen Grafik erfolgte der gesamte Gestaltungsprozess in diesem Projekt iterativ, also: Entwurf > Diskussion > Anpassung Inhalte Broschüre und Zeitstrahl > Entwurf > Diskussion – Anpassung Inhalte Broschüre und Zeitstrahl > Gestaltung …, – immer unter Verwendung echter Inhalte, immer im Kontext der Gesamtpublikation und immer im Abgleich mit anderen, parallel bearbeiteten Projekten dieser Kampagne (Website, Anzeigen).

So wie das im agilen Entwicklungsprozess im Webdesign anzustreben ist, steht also am Ende jedes Entwicklungsschrittes quasi ein publikationsfähiges Ergebnis.

Vorlage „Von der Schule an die Hochschule“
Vorlage „Von der Schule an die Hochschule“

Ausgangspunkt war der Wunsch, die Tabelle „Von der Schule an die Hochschule“ aus einer früheren Broschüre in eine zeitgemäße grafische Form zu überführen – Arbeitstitel „Zeitstrahl“.

Entwurfsvariante Zeitstrahl-Grafik für Campus Thüringen
Entwurfsvariante Zeitstrahl-Grafik für Campus Thüringen

Ein erster Entwurf stellte auf Basis der „alten“ Tabelleninhalte eine mögliche grafische Umsetzung vor.

Aktualisierte Inhalte für Broschüre 2014 als tabellarische Zuarbeit
Aktualisierte Inhalte für Broschüre 2014 als tabellarische Zuarbeit

Die Richtung kam an. Nun brachte der Auftraggeber die Inhalte auf den (jetzt gerade) aktuellen Stand, den (jetzt gerade) aktuellen Gliederungspunkten der Broschüre zugeordnet, das Ganze als Tabelle aufbereitet.

Es folgten weitere Entwurfsstufen:

Entwurfsvariante Zeitstrahl-Grafik für Campus Thüringen
Entwurfsvariante Zeitstrahl-Grafik für Campus Thüringen
Entwurfsvariante Zeitstrahl-Grafik für Campus Thüringen
Entwurfsvariante Zeitstrahl-Grafik für Campus Thüringen
Entwurfsvariante Zeitstrahl-Grafik für Campus Thüringen
Entwurfsvariante Zeitstrahl-Grafik für Campus Thüringen
Entwurfsvariante Zeitstrahl-Grafik für Campus Thüringen
Entwurfsvariante Zeitstrahl-Grafik für Campus Thüringen

Die Entwürfe wurden einerseits durch die fortschreitende Ausarbeitung und Veränderung der Inhalte (die Gliederung musste im Laufe der Arbeit mehrfach leicht angepasst werden, Kapitel wurden zusammengefasst oder neue ergänzt werden), andererseits durch die Definition und Vereinheitlichung der grafischen Sprache bestimmt. Der Styleguide für dieses Projekt entwickelte sich kontinuierlich während der Arbeit an den Einzelprodukten – im Gegensatz zu einer Vorab-Definition eines Corporate Designs.

Zeitstrahl-Grafik in der fertigen Broschüre
Zeitstrahl-Grafik in der fertigen Broschüre

Am Ende steht ein Ergebnis, das sich relativ stark vom ersten Entwurf unterscheidet. Die einzelnen Zwischenschritte zeigen, dass der Prozess vor allem in der Reduktion der Elemente, im Aufräumen, bestand, so dass die Anzahl von Farben, Linienstilen und Schriftvarianten – aber auch die Anzahl der Informationen in der finalen Version am geringsten ist.

Als zusätzliches Produkt wurde der Zeitstrahl in einer SVG-Variante (hier viel zu klein eingebunden – besser im Original auf campus-thueringen.de/studienwahl/) für die Website adaptiert. Auch hier gab es mehrere Überarbeitungsschleifen bis zum Ergebnis.

Fazit: Ein agiler Entwurfsprozess ist dann sinnvoll, wenn die Aufgabenstellung offen, aber das Ziel klar ist.
Es gab hier keine konkreten Designvorgaben und keine „festen“ Inhalte. Aber es gab das Ziel, die To-Do’s der Studienvorbereitung grafisch abzubilden. 

Diese Art des Arbeitens funktioniert nicht immer und nicht mit jedem. Der Auftraggeber muss genügend Fantasie aufbringen, um auch in unausgereiften Skizzen das Potenzial zu erkennen und darf das Vetrauen in seinen Designer nicht verlieren. Der Gestalter muss konstruktive Kritik als Chance sehen, das Projekt noch besser zu machen – auch, wenn seine Lieblingsidee gerade rausgekickt wurde… nicht immer leicht. Aber am Ende sind alle froh :)

comment Kommentare

Christine am 21.09.2014, 18:55:

Hallo Martin,
spannendes Thema. Danke für diesen detaillierten Einblick in eure Arbeit. Beim Lesen deines Beitrags beschlich mich ein wenig das Gefühl, dass es sich ja eigentlich um einen ganz normalen Entwurfsprozess handelt, zumindest so wie er theoretisch sein sollte. Dinge werden entworfen, reflektiert, verworfen und neu entworfen bzw. optimiert usw.) Die Praxis sieht oftmals leider anders aus. Der Kunde wünscht sich nachvollziehbarer Weise einen Festpreis, welcher wiederum auf einer Zeitkalkulation des Gestalters beruht. Selbige auf den Vorgaben des Kunden. Wenn diese aber offen sind, wirds schwer mit einer Kalkulation. Mich würde als Ergänzung zu deinem Beitrag deshalb interessieren, wie ihr diese "agile" Arbeitsweise dem Kunden gegenüber kommuniziert und zeitlich kalkuliert habt.

Auf dein Beispiel bezogen: War allen Beteiligten vorher klar, dass diese Grafik eine offene Aufgabenstellung war, die Vorgaben also keine starren Vorgaben sondern nur Ausgangspunkte darstellten? Oder kam diese Erkenntnis erst nach dem ersten Entwurf?

Birgit am 22.09.2014, 13:16:

Liebe Christine, vielen Dank für Deine Kommentare. Ich habe drei Fragen bzw. Diskussionspunkte herausgelesen:

1) _…dass es sich ja eigentlich um einen ganz normalen Entwurfsprozess handelt… Dinge werden entworfen, reflektiert, verworfen_
Sicherlich waren das ganz normale Arbeit. Der Unterschied liegt in der Art der Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber. Wir sind nicht einmal oder zweimal mit einem fertigen Entwurf zum Auftraggeber gegangen, sondern mehrfach mit Ideen. Die waren skizziert, auch mit Hand, oder beschrieben, oder bestanden aus Illustrator-Fragmenten.
Es war eine Art Pingpong zwischen Gestaltung und Inhalt.

2) _War allen Beteiligten vorher klar, dass diese Grafik eine offene Aufgabenstellung war, die Vorgaben also keine starren Vorgaben sondern nur Ausgangspunkte darstellten?_
Nach dem Rebriefing, mit Erstellung des Angebots, war allen Beteiligten klar, dass eine Tabelle, die wir als erste Zuarbeit erhalten hatten, nicht in Frage kommt.

3) _Mich würde als Ergänzung … interessieren, wie ihr diese „agile“ Arbeitsweise dem Kunden gegenüber kommuniziert und zeitlich kalkuliert habt._
Wir haben viel geredet :) und das Buch „Agiles Publishing“ empfohlen und ausgeborgt, um gleiche Begriffe zu verwenden. (siehe auch Seite Projektmanagement bei Kohlhaas & Kohlhaas: www.kohlhaas-kohlhaas.de )
Die Kalkulation war die übliche: Gestaltung pauschal, Satz nach Umfang, Web-Produktion nach Features

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